Obwohl sie sehr clever sind, haftet ein Makel an ihren kognitiven Fähigkeiten: sie fallen beim Spiegeltest durch. Eine clevere Forscherin weist das zurück, nachdem sie den Test an Hunde angepasst hat. Ich würde dabei durchfallen, aber Hunde verstehen ihn.
Der Spiegeltest galt bisher als ultimative Prüfung, ob ein Lebewesen sich selbst erkennt. Er ist für das „Augentier“ Mensch kein Problem, schon ab etwa anderthalb Jahren wischen Kinder sich einen Fleck vom Gesicht, der unbemerkt aufgetragen wurde und den sie im Spiegel sehen. Viele Menschen fanden es wohl beruhigend, dass nur wenige Tierarten diesen Test bestehen. Die finden wir unter den Zahnwalen (Delfine), manchen Vögeln (Keas) und bei den Menschenaffen: Schimpansen, Bonobos und Orang Utans gehen interessiert mit Spiegel und den Bildern um, Gorillas müssen sich erst daran gewöhnen, ebenso Rhesusaffen.
Hunde nehmen die Welt anders wahr als Menschen
Dabei können wir schon lange nachvollziehen, dass z.B. Hunde die Welt anders wahrnehmen als wir. Für sie spielen Gerüche eine sehr viel wichtigere Rolle als visuelle Eindrücke. Sie beschnuppern interessiert Duftspuren anderer Tiere, besonders Urin von Artgenossen. Was sie darin „lesen“, ist für uns Microsmaten (mit stark zurückgebildetem Geruchsinn) ein Rätsel. Ziemlich sicher ist, dass sie das Geschlecht des Senders erfahren, den Zyklus der Hündin (Fortpflanzungsbereitschaft), den Gesundheitszustand und sicherlich auch seine Identität, zumindest ob die Urinprobe von einem fremden oder bekannten Hund stammt und von wem. Sie können natürlich auch ihre eigenen Ausscheidungen von denen anderer unterscheiden, schnuppern an fremdem Urin deutlich länger als an ihrem eigenen. Hier setzte Alexandra Horowitz an und passte den herkömmlichen Spiegeltest an die kognitiven Fähigkeiten (wahrnehmen, denken und mental verarbeiten) der Hunde an.
Selbsterkennungstest für Hunde
Analog zum Spiegeltest, bei dem das Gesicht eines Probanden markiert wird, er die Markierung aber nur im Spiegel erkennen kann, „markierte“ sie den Urin von Hunden, indem sie diesen mit fremden Geruchskomponenten veränderte. Sie ließ 36 Halter den Urin ihrer Hunde auffangen und zum Test mitbringen, ebenso den Urin von hündischen Mitbewohnern, soweit vorhanden. Zur Geruchsverfälschung (Markierung) setzte sie Gewebeproben der Milz eines an Krebs verstorbenen Hundes ein, weil bekannt ist, dass Hunde auf tumoröse Veränderungen z.B. bei Menschen mit intensivem Beschnuppern reagieren. Die Hunde erhielten also in mehreren Versuchsdurchgängen Geruchsproben ihres eigenen Urins, ihres eigenen veränderten Urins, dem Urin bekannter Hunde und dem fremder Artgenossen. Trotz mehrerer Unterschiede zum eigentlichen Spiegeltest diente als Nachweis der Selbsterkennung die intensivere Beschäftigung mit dem veränderten eigenen „Bild“ – im Spiegel durch längeres Betrachten (und nur bei manchen Arten verbunden mit Versuchen, die Markierung vom eigenen Körper zu wischen); beim Geruchstest durch längeres Beschnuppern.
- Wie erwartet schnupperten die Hunde wesentlich länger an dem Urin fremder Hunde als an ihrem eigenen.
- Die Duftprobe von Freunden wurde nur unwesentlich länger untersucht als die eigene (man kennt sich).
- Und tatsächlich schnupperten sie an ihrem veränderten Eigengeruch fast ebenso lange wie an dem unbekannter Hunde, also sehr lange – und wiederholten häufig den Vergleich dieser beiden Proben, d.h. gingen immer wieder schnuppernd von einer zur anderen.
- Ziel des hündischen Interesses war jedoch nicht die Gewebeprobe selbst, die zur Markierung eingesetzt wurde; diese wurde kürzer beschnuppert als im Gemisch mit dem eigenen Urin.
Die Autorin schließt daraus, dass die deutlich kürzere Beschäftigung mit ihrem eigenen (normalen) Uringeruch im Vergleich zum veränderten/markierten Eigenurin anzeigt, dass Hunde eine solche Veränderung „komisch“ empfinden und intensiver untersuchen. Dies bedeutet, dass sie sich selbst eindeutig erkennen. Was Hundehalter schon lange vermuteten (oder wussten), ist jetzt also endlich wissenschaftlich belegt, auch wenn sich Hunde im Gegensatz zum Menschen nicht wirklich für ihr sichtbares Erscheinungsbild interessieren. Sie leben eben in einer Hundewelt – die wir wiederum nur ansatzweise verstehen.
Quelle: Horowitz, A. (2017): Smelling themselves: Dogs investigate their own odours longer when modified in an “olfactory mirror” test. – Behavioural Processes, 143: 17–24.